Hi ihr Lieben,

es wird immer witziger was man so alles erleben kann, wenn man versucht sich mit Sozialpädagogen einzulassen.

VORSICHT: REALSATIRE - IST WIRKLICH PASSIERT!

Da habe ich doch die Tage versucht meiner Pflicht als Arbeitsloser Sozialpädagoge -  sorry: Arbeitssuchender Sozialpädagoge -  zu genügen und wieder eine Bewerbung geschrieben. Prompt kam die Absage per Email, Zitat: "Sehr geehrter Herr Hartz, es tut uns leid ihnen mitteilen zu müssen ... bla, bla, bla... aber wir konnten ihre Bewerbung im unsere Einrichtung [sic!] nicht berücksichtigen". Immerhin auch nicht selbstverständlich, viele Ausbeuter melden sich ja auch gar nicht erst zurück. Das falsche Deutsch schnell verziehen und mal schnell zum Hörer gegriffen und da angerufen, schließlich will man ja wissen was denn nun der ausschlaggebende Grund für die Ablehnung war, zur persönlichen Weiterentwicklung und aus Interesse. Also: Klingellingelling. Am anderen Ende geht eine behäbige, genervte und nicht sonderlich schöne Stimme ans Telefon und meldet sich mit: "Ja!".  Hm, ja also und kurz erklärt weshalb ich anrufe. Da sei ich ganz richtig schließlich sei sie - nun wird der Unterton plötzlich immer wichtig und bedeutungsschwer - die Einrichtungsleitung, dies schon seit über 4 Jahren und zuständig für 15 Mitarbeiter (wen interessierts!?) ... bla,bla,bla...  und für die Personalauswahlwahl zuständig. Nachdem mich mich die gute Frau nun so informativ über ihre kleine, unbedeutende Karriere in einer kleinen, unbedeutenden Einrichtung informiert hat wiederhole ich beharrlich mein Anliegen: Weshalb ich abgelehnt worden sei, schließlich entsprach meine Bewerbung doch dem Anforderungsprofil. Es dauert einen kleinen Moment bis diese einfache Frage verstanden worden ist: "Ach so." (Pause) "Kurzen Moment" pöbelt mich die Stimme am anderen Ende der Leitung an, sie müsse erstmal nachschauen, wie doch gleich mein Name sei? "Hartz". "Harf", wiederholt sie fälschlich. "Nein". Ich fange an zu buchstabieren: "Heinrich, Anton, Richard, Theodor, Zeppelin" "Na, dass ist ja ein langer Name. Also Herr Heinrich..." will die offensichtlich begriffsstutzige Person gerade anfangen. "Nein", ich erkläre es ihr nochmal in Ruhe: "H wie Heinrich" usw. Endlich hat sie es geschafft meinen Namen zu verstehen und zu notieren. "Kurzen Moment", sagt sie. Nach einer kurzen Pause, rascheln in der Leitung: "Also Herr Hartz" (Sie macht eine theatralische Pause und der Tonfall erinnert nun an eine schlecht gelaunte Mutter die mit Nachdruck antritt ihr Kind zu schelten:) "ausschlaggebend für ihre Ablehnung war ihr Zeugnis". "Mein Zeugnis!? Aber das ist doch ganz gut..." "Genau das ist der Punkt", und nun fängt sie an zu schwadronieren, dass ihre "langjährige Erfahrung" in der "Personalführung von Sozialpädagogen" gezeigt habe, dass Sozialpädagogen mit einer eins vorm Komma nichts für die Praxis taugen. Erst recht wer auch noch eine 1,0 in der Diplomarbeit habe sollte lieber in die Wissenschaft gehen, als in "die Praxis". Wer "in der Praxis" gut ist in der Theorie schlecht und umgekehrt. Das sei nun mal so, das könne sie nun auch nicht ändern, aber schließlich sei das ihre Erfahrung...bla,bla,bla... und schließlich - wiederholt sie zum dritten mal mit autoritär-wichtigem Impetus - sei sie ja bereits seit vier Jahren Einrichtungsleitung. Und es sei ganz wichtig, dass sie in ihrer Einrichtung in der sie die Verantwortung trage (bla,bla,bla) "proffessionelle Praxis"* gemacht werde und eben nicht Theorie. "Aber wie können sie eine 'professionelle Praxis' gewährleisten, wenn bei Ihnen das Mittelmaß regiert ", frage ich nicht ohne Häme. Da rastet die Frau am anderen Ende total aus: bla, bla, bla... was ich mir einbilden würde und ob ich mich für schlauer halten würde als der Rest der Welt... bla,bla,bla. Und dann setzt sie erst richtig an: "Und überhaupt, jetzt wo ich das gerade sehe, was ist das eigentlich für eine Diplomarbeit?! 'Soziale Arbeit unter kapitalistischen Produktionsbedingungen', sowas wie sie wollen wir hier schon mal gar nicht. Gehen sie doch nach China wenn es Ihnen hier nicht gefällt. Sie kleiner Kommunist..." "Anarchist" antworte ich ruhig. "Wie?", schreit sie ins Telefon, offensichtlich etwas aus dem Konzept gebracht. "Ich bin Anarchist und kein Kommunist. Wenn es irgendwann ernst wird, werden die Kommunisten mich erschießen", erkläre ich ihr ruhig. "Ah also ein Chaot, das wird ja immer schöner. Nee, sowas wollen wir hier erst recht nicht. Und schlagen sie sich ihre Wirren Vorstellungen aus dem Kopf, das klappt sowieso alles nicht". Jetzt wirds politisch. "Was klappt nicht?", frage ich unschuldig. "Na das mit dem Kommunismus, oder weiß ich ja nicht wie sie das nennen... ihr Chaos, ihre Anarchie... Oder wollen sie etwa, dass ein lange ausgebildeter Sozialpädagoge genauso viel verdient wie eine unausgebildete Putzfrau? Hä? wollen sie das?", bohrt sie - nicht ohne etwas siegessicher in der Stimme zu klingen. Dümmliches Argument, aber ich versuche trotzdem darauf einzugehen: "Nun", kläre ich die gute Frau auf, "in  einer befreiten und egalitären Gesellschaft würden alle Menschen das gleiche verdienen, sofern es da überhaupt noch Geld gäbe, wie wir es heute kennen." "Kein Geld" (sie lacht hysterisch) "und wer bezahlt dann die Sozialpädagogen, Hä? Ham sie da mal dran gedacht", sagt sie nicht ohne Verachtung und noch siegessicherer. Jetzt wird es extrem dümmlich. Aber ich gebe mir trotzdem Mühe: "Es ist fraglich, ob in einer befreiten Gesellschaft überhaupt noch Sozialpädagogen, wie wir sie heute kennen gebraucht werden, da ja charakteristisch für eine befreite Gesellschaft ist, dass alle Verhältnisse in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist abgeschaft wurden. Die sozialen Probleme, die Sozialer Arbeit vorraus gehen, gäbe es in einer befreiten Gesellschaft nicht mehr. Es gäbe auch keinen Staat mehr der Soziale Arbeit organisieren und finanzieren würde. Und somit wäre Soziale Arbeit überflüssig und freiwillige Solidarität würde an ihre Stelle treten..." Diese Vorstellung übersteigt offensichtlich den Vorstellungshorizont der Dame: "Sie halten sich wohl für besonders schlau. Ich sag ja: Sie sind ein Chaot. Gehen sie doch zum ersten Mai und schmeissen da sie Steine. Hoffentlich erwischt man sie dabei. Es war die richtige Entscheidung sie nicht zu nehmen...bla, bla, bla" Nun wird mir das antiintelektuelle Geschwafel einfach zu dumm und ich lege auf, froh darüber nicht in einem Betrieb arbeiten zu müssen wo eine Oberidiotin 15 andere Idioten herumkommandiert, schließlich habe ich genau das gerade schon ein halbes Jahr über mich ergehen lassen müssen. *Anmerkung für Fachfremde: "Proffessionelle Praxis" ist eine von Sozialpädagogen gerne verwandte Phrase, die qualitativ nichts aussagt, eine Formulierung zur Rechtfertigung des eigenen Tuns, das weder theoretischer Reflektion noch irgendeiner Hinterfragung bedarf. Die Betonung dieser inhaltsleeren Phrase dient zur Absicherung von Hierarchien in der Sozialen Arbeit: Proffessionelle Praxis hat man durch "Erfahrung" und ist irgendwie da, wenn man nur lange genug intuitive Entscheidungen getroffen hat.

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