1-€-Jobber als Streikbrecher gegen VERDI

von Richard Grove - 16.02.2006 14:36

Harz-IV-Empfänger unter massivem Polizeieinsatz gegen Ver.di- Streikposten eingesetzt. Stadt Osnabrück droht: "Wenn ihr nicht als Streikbrecher ordentlich arbeitet, melden wir das dem Arbeitsamt." Osnabrücker Geschäfte belohnen Streikbrecher mit Warengutscheinen.

Gegen den Streik im Dienstleistungsewefbe werden jetzt 1-€-Jobber als Streikbrecher eingesetzt. In der niedersächsischen Stadt Osnabrück müssen Harz-IV-Empfänger auf Druck des öffentlichen Arbebeitgebers die städtischen Müllwagen fahren. Zu Wochenbeginn musste dies durch einen massiven Polizeieinsatz gegen die Streikenden durchgesetzt werden.
Die Polizei machte den gepressten Streikbrechern den Weg zur Osnabrücker Abfallsammelstelle frei, in dem sie brutal gegen die Ver.di- Streikposten vorging, die das Werkstor mit Müllwagen und einer Menschenkette blockierten. Dabei verdrehte die Polizei Gewerkschaftern Gelenke und Knie, Megafone wurden beschlagnahmt. Gegen eine Streikposten erstatteten die Beamten Anzeige wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Dem Osnabrücker Ver.di- Bezirksgeschäftsführer Jürgen Humer drohte die Polizei mit "Schutzhaft. auf einer Protestkundgebung erinnerten Gewerkschafter in Redebeiträgen daran, dass ein derartiger Polizeieinsatz gegen organisierte Arbeiter in Osnabrück zuletzt anläßlich der Machtergreifung der Nazis stattfand.
Die offenkundige Zuspitzung im "Klassenkampf von oben" bewertet Wilhelm Koppelmann von der ödlichen Ver.di- Streikleitung als Teil eines Generalangriffs auf die organisierte Arbeiternehmerschaft. Dies ist ein weiterer Versuch die Gewerkschaften in Deutschland klein zu kriegen", so Koppelmann, der auch Vertrauensleutesprecher bei der Osnabrücker Stadtverwaltung und Mitglied der Bundes- und Landestarifkommission des öffentlichen Dienstes ist. Ihn erinnere das alles an Außerungen Schäubles in den 1980ern, wonach sich die sozialen Widersprüche in Deutschland so zuspiten werden, dass im Inneren die Bundeswehr eingesetzt werden müsse. Demenstprechend kämpferisch - aber ernüchtert war die Stimmung im Streiklokal "Lagerhalle". Verdi-Mitglieder fragten sich, vor dem Hintergrund der CDU- Bestrebungen, die Bundeswehr auch im lnland einzusetzen, ob demnächst bewaffnete Kampfeinheiten der Bundeswehr gegen Streikposten im Marsch gesetzt würden. Wo denn die Reaktion der Linkspartei und der WASG auf die Ereignisse in Osnabrück bliebe, erregte sich ein aufgebrachter Streikposten. Die niederländische Transportarbeitergewerkschaft merkte unterdessen in einer Grußbotschaft an Ver.di- Osnabrück- Emsland an, ob der Polizeieinsatz denn das neue bundesdeutsche Streikrecht veranschaulichen solle.
Wilhelm Koppelmann weiß, dass sich bei der Osnabrüoker Stadtreinigung immer mehr nicht- streikende Kollegen krankmelden. Den als Streikbrecher eingesetzten 1-€-Jobber drohten Vorgesetzte, sie "beim Arbeitsamt zu melden, wenn nicht ordentlich gearbeitet wird." Viele 1-€-Jobber hätten gegenüber Ver.di Stadtreinigern geäußert, sie wüdrden lieber mitstreiken, wenn etwas vernünftiges dabei für sie herauskäme.
Koppelmann bewertet den Einsat der 1-€-Jobber im Mulltransport als unverantwortlich. Die unerfahrenen Arbeitskräfte müssten bei der Schüttung des Mülls in die Sammelstellen auch per Hand zufassen. Das ist wahnsinnig gefährlich. Sie könnten sich lebensgefähliche Verletzungen zufügen." Der Streik bei der Osnabrücker Stadtreinigung konzentriert sieh besonders auf die Werkstatt des Fuhrparks. Selbst wenn der öffentliche Arbeitgeber noch mehr Streikbrecher einsetzen würde, verringerte sich die Anzahl der einsatzbereiten Müllfahrzeuge Tag um Tag. Zur Wochenmitte erhöhte sich die Anzahl der Streikenden in Osnabrück auf 500 Teilnehmer. Betroffene sind, neben der Müllabfuhr, die Straßenreinigung, Krankenhäuser, Kitas, Hausmeister und Reinigungskräfte sowie weitere Bereiche des öffentlichen Dienstes.
Am Donnerstag demonstrierten hunderte Verdi- Streikposten vor dem Osnabrücker Bekleidungshaus "L und T". Dieter Rauschen, der Chef von "Lengermann und Trietschke" hatte als Vorsitzender eines Marketing- Zusammenschlusses von Osnabrücker Unternehmen Warengutscheine an Streikbrecher der Müllabfuhr verschenkt, weil "diese Mitarbeiter das Allgemeinwohl über ihr Eigeninteresse stellten. Dazu Wilhelm Koppelmann von der Streikleitung, "das verstößt klar gegen die Antikorruptionsvereinbarung für städtische Mitarbeiter". Osnabrücks oberster Personalchef des Öffentlichen Dienstes, Stadtkämmerer und Stadtrat Karl Joseph Leyendecker will Ver.di auf Schadensersatz verklagen. Allen städtischen Mitarbeitern, die sich am Streik beteiligen, droht der CDU-Mann mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Obwohl der SPD- Oberbürgermeister Heinrich Fip öffentlich gegen die Streikenden stellte, sorgte der Polizeieinsatz gegen Ver.di- Gewerkschafter an der Osnabrücker SPD-Basis für heftigen Unmut. Auch Alice Graschtat, SPD-Lantags- und Rathausabgeordnete äußerte Verständnis für die Streikenden. Im September sind in Osnabrück Kommunalwahlen. Dann tritt ein Bundnis aus Linkspadei, DKP und WASG als linke Konkurrenz zur SPD an.
Im Dienstleistungsstreik will Verdi in Osnabrück den Druck deutlich erhöhen. Verdi-Bezirksgeschäftsführer Jürgen Humer drohte, "wir werden weiter richtig Dampf machen. Wir sind noch steigerungsfähig". Gegen die Osnabrücker Unternehmen, die Streikbrecher mit Geschenken belohnen, riefen einzelne Gewerkschafter zum Konsumstreik auf.
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Vogelgrippe und 1-Euro-Jobs

Arbeitslose zur Kadaverarbeit

Nachdem die Vogelgrippe auf Rügen angekommen ist, werden dort 1-Euro-Jobber zur Kadaverbeseitigung eingesetzt --- in völlig unzureichender Schutzkleidung.
Die Vogelgrippe hat Deutschland erreicht, die entsprechenden Tests sind auch im Labor bestätigt worden. Jetzt liegen also potenziell Tierkadaver herum, die das Virus in sich tragen. Diese müssen irgendwie beseitigt werden, die zuständigen Stellen sind zumindest auf Rügen damit überfordert.
Dort werden jetzt 1-€-Jobber auf freiwilliger Basis von ihren Arbeitsstellen abgezogen und zur Beseitigung von vogelgrippeverdächtigen Vogelkadavern eingesetzt. Dabei sorgte "der Landkreis Rügen für die benötigte Schutzbekleldung". An die Schutzkleidung werden besondere Anforderungen gestellt. Spiegel Online schreibt dazu:
Bei Kontakt mit mit mögficherweise an Vogelgrippe erkrankten Vögeln müssen strenge Schutzmaßnahmen eingehalten werden. Notwendig seien ein Einwegoveral mit Kapuze, Gummistiefel, Handschuhe, Schutzbrillen und spezielle Atemschutzmasken, sagte Stefan Dreller vom Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz. Viele sogenannte Op-Masken gewährten keinen ausreichenden Schutz, betonte Dreller und verwies auf eine aktuelle Studie des Institutes. "Es gibt gute und schlechte Op-Masken. Viele derartige Masken efüllen die Mindestanforderungen nicht."
Gucken wir uns also nun das Bild an, mit dem Spiegel Online den Artikel zu den 1-€-Jobbern illustriert. Wir sehen einen Mann in Schutzkleidung, jedoch mitnichten in ausreichender, denn von der benötigten "speziellen Atemschutzmaske" sehen wir...nichts:
Nichts!
Der Landkreis Rügen bringt also wissentlich 1-Euro-Jobber in erhöhte Vogelgrippe- Ansteckungsgefahr. Das Perfide daran ist, das man den Leuten sagt "hier habt ihr Schutzkleldung, damit seid ihr sicher, und ihnen dann völlig unzureichende Schutzkleidung aushändigt. Aber mit den 1-Euro-Jobbern kann mans ja machen.