Bewachte Wahl
Wie die Chefs der Kaufhauskette Stolz die Gründung eines Betriebsrats in ihrer Filiale in Heide verhinderten
Eine Geschichte, wie sie sonst der Discounter Lidl im Sortiment hat: Die Belegschaft möchte einen Betriebsrat gründen, und die Chefetage arbeitet mit harten Bandagen, um das zu verhindern.
Insgesamt zwölf Filialen unterhält die Kaufhauskette Stolz in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern - ein mittelständisches Unternehmen, das Waren des täglichen Bedarfs sowie Mode- und Sportartikel verkauft. Einen Betriebsrat gibt es in keiner der Filialen. In Heide arbeiten laut Selbstdarstellung "55 freundliche Mitarbeiter". Einen Betriebsrat wollten die Mitarbeiter unter anderem, weil sie das Verhalten der Geschäftsführung gegenüber Krankmeldungen als belastend erleben. Und weil sie nicht nach Tarif bezahlt werden.
Mitarbeiter zu Einzelgesprächen geladen
Also versuchte der Ver.di Gewerkschaftssekretär Wilfried Lunow Wahlen zu organisieren, musste aber feststellen, dass die Firmenleitung nicht bereit war, die Informationen über den Wahltermin und -ort an die Mitarbeiter weiterzugeben. Lunow erreichte daraufhin beim Arbeitsgericht Elmshorn, dass die Chefs die Wahl im eigenen Haus publik machen mussten. Allerdings habe die Firmenleitung daraufhin die Mitarbeiter zu Einzelgesprächen geladen. "Dort haben sie deutlich gemacht, dass sie die Gründung eines Betriebsrates nicht tolerieren würden", so Lunow.
Der Gewerkschaftler blieb trotzdem dabei: Vergangenen Montag sollte in einer Gaststätte in Heide ein Betriebsrat gewählt werden. Angereist kamen dazu aus der Firmenzentrale der stellvertretende Geschäftsführer Dieter Deike und die Personalchefin Lis Nagel. Deike erklärte, dass er sich aus privaten Gründen in Heide aufhalte - das allerdings tat er vor dem Zugang zur Gaststätte, ebenso wie Personalchefin Nagel. Aus der Wahl wurde mangels Beteiligung nichts. Lunow:
"Das war eine massive Behinderung."
Lunow könnte nun einen Wahlvorstand über das Gericht bestellen, will das aber bleiben lassen: "Es gab bereits eine fristlose Kündigung eines Mitarbeiters. Ich will nicht noch mehr Kündigungen provozieren." Ferner glaubt Lunow nicht, dass die Mitarbeiter nach dieser Einschüchterung "wieder aus der Deckung rauskommen".
Sie können sich alles weitere sparen
Was die Firmenleitung zu dem Vorgang sagt? Der stellvertretende Geschäftsführer Deike, angesprochen auf die Betriebsratswahl, zur taz: "Sie können sich alles weitere sparen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Tschüss." Im Kaufhaussegment wird Freundlichkeit groß geschrieben.
taz Nord Nr. 7783 vom 1.10.2005, Seite 32, 99 Zeilen (TAZ-Bericht), kli / jek