Weiße Dispersionsfarbe haben die Besucher
an den Schuhen in die Räume des Hamburger Bahnhofs getragen, das
Museum stellte Anzeige gegen unbekannt: Pünktlich zum
Auschwitz-Gedenktag hatten Unbekannte am Donnerstag gegen 12 Uhr
mehrere Liter Farbe vor alle drei Torzugänge an der Invalidenstraße
gekippt, um gegen die Flick Collection von Friedrich Christian
Flick zu protestieren.
Außerdem klebten in der ausgeschütteten Farbe Flugblätter. Am 60.
Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers bleibe die Flick
Collection geschlossen, hieß es darauf. "1.000 Frauen aus Auschwitz
mussten im Flickkonzern arbeiten, viele haben das nicht überlebt",
so die Aktivisten.
Flicks Großvater, Friedrich Flick, war einer der wichtigsten
Rüstungsunternehmer im nationalsozialistischen Deutschland. Von den
120.000 Beschäftigten der Flick-Firmen waren etwa 50.000
Sklavenarbeiter. 1947 wurde Flick in Nürnberg zu sieben Jahren Haft
verurteilt, jedoch frühzeitig entlassen. Der Flick-Enkel hat eine
Teilnahme am Fonds für die Zwangsarbeiter stets abgelehnt.
Weitere Proteste waren in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu
sehen: eine Anzeige mit dem Text
"Heil dich doch selbst. Die
Flick Collection wird geschlossen". Neben der
Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek unterschrieben hier rund 250
Kulturschaffende, TheoretikerInnen und AktivistInnen. Sie werfen
dem Bundeskanzler, dem Land Berlin und der Stiftung Preußischer
Kulturbesitz vor, mit ihrer Unterstützung für die Sammlung von
Friedrich Christian Flick "zur Stilllegung der Erinnerung an die
Shoa" beizutragen. Flicks Großvater hatte massiv von
Rüstungsprogrammen der Nazis profitiert. Initiiert wurde die "Heil
dich doch selbst"-Aktion von der "Flick-Connection", einer Gruppe
um die Antifaschistische Linke Berlin und den Verlag b-books. Schon
länger begleiten sie die Ausstellung mit Protesten.
Bereits wenige Tage nach der Eröffnung hatte eine Besucherin zwei
Installationen beschädigt. Drei Monate später verspritzte ein
ungarisch-kanadischer Performance-Künstler sein selbst abgezapftes
Blut an der Wand.
Die Polizei sucht bisher vergeblich nach den
Farbeimer-Ausschüttern.
Die im Vorwege heftig umstrittene Schau im Museum für Gegenwart am
Hamburger Bahnhof war im Herbst 2004 eröffnet worden. Flick hat die
Kollektion mit 2700 Werken moderner Kunst für zunächst sieben Jahre
zur Verfügung gestellt. Im Dezember verzeichnete die Ausstellung
bereits über 150.000 Besucher.
Aus dem Zentralrat der Juden in Deutschland gibt es scharfe Kritik
an Bundeskanzler Schröder anlässlich der Eröffnung der
Flick-Collection in Berlin. Flick leiste Neonazis Vorschub und
Schröder unterstütze ihn dabei, sagte Zentralrats-Mitglied Fürst
der Netzeitung.
Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, Michael
Fürst, hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wegen dessen
Parteinahme für die »Friedrich Christian Flick Collection« scharf
kritisiert. Schröders Rede anläßlich der Eröffnung der Ausstellung
im Hamburger Bahnhof greife zu kurz, sagte Fürst der
Netzeitung.
Der Kanzler habe zwar auf die von dem Sammler gegründete "F.C.
Flick Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und
Intolerenz" hingewiesen. Doch dieser Hinweis könne "nicht darüber
hinwegtäuschen, dass die Flick-Veranstaltung den Neonazis Vorschub"
leiste, so Fürst, der auch Mitglied im Direktorium des Zentralrats
ist.
Schröder kein Vorbild für die Jugend
Für diesen Zustand macht Fürst Bundeskanzler Schröder mit
verantwortlich: "Wer wegen eines bißchen Glamours seine Grundsätze
kurzerhand über Bord wirft - eigentlich müsste der Bundeskanzler
den Steuerflüchtling Friedrich Christian Flick nicht öffentlich
feiern, sondern ächten - ist mit dieser Art von Opportunismus kein
gutes Vorbild für die Jugend".
Michael Fürst, Mitglied des Zentralrats der Juden und Vorsitzender
der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, und dessen Erklärung zum
60. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung: "Wenn der Bundeskanzler
anlässlich der staatszeremoniellen Eröffnung der Flick-Ausstellung
es nicht für nötig hält, ein Wort des Mitgefühls für die noch
lebenden Opfer der Flick-Zwangsarbeiter/innen zu finden, und das
Ziel von Flick unterstützt, mit seiner Kunstsammlung den belasteten
Familiennamen 'auf eine neue positive Ebene' zu stellen, dann ist
das ein eindeutiges Signal für eine neue
Geschichtsbetrachtung."