Bereits bei den Vorarbeiten zu ihrem Buch "Heider- gottsleider" vor nunmehr bald zehn Jahren wurde ich von meiner Tochter gebeten, ihr doch einmal die Namen der ehemaligen politischen Häftlinge aufzuschreiben. Die Namen von Menschen, die in der Zeit der braunen Diktatur in Norderdithmarschen lebten und in KZ's, Zuchthäusern und Gefängnissen für ihren Widerstand gegen das verbrecherische Nazi-Regime bezahlen mussten, wenn sie nicht gar den Tod erlitten.
Eine Dokumentierung war damals bereits schwierig. Obgleich ich im "Komitee ehem. politischer Häftlinge für den Kreis Norderdithmarschen" in Heide gearbeitet hatte, erinnerte ich mich doch nicht mehr aller Namen. Besonders diejenigen ehemaligen Häftlinge, die samt ihren Angehörigen bereits nicht mehr das Kriegsende erlebt hatten, entgingen so der Erwähnung. Eine geringe Anzahl von Namen hat meine Tochter von Kindern Beteiligter, aus Zeitungen der Zeit und anderen Quellen erfahren. Ich selber lebte zu der Zeit fernab von Heide, in Strasbourg, und konnte mich nur auf meine Erinnerung verlassen. Die Akten des Komitees, die ich noch persönlich dem Sekretär des Kreissonderhilfsausschusses, Hauptmann a.D. Kurt Neumann, zur Sicherstellung überbracht habe, sind heute nicht mehr aufzufinden. Die KPD, die die meisten der Opfer stellte und befragt werden könnte, ist von der politischen Bildfläche verschwunden. Die SPD versagte auf der ganzen Linie. Auf dem Parteibüro in Heide liegen keine Unterlagen über die ehemaligen Häftlinge der Partei aus den Jahren der braunen Willkürherrschaft vor, die Tagungsstätte in Malente versagte ebenso wie der Geschäftsführer der Partei in Kiel. Er verstummte verblüfft, als ich ihn auf seine Antwort, er habe nichts über diese Menschen vorliegen, nur fragte: "Warum nicht?"
Im Archiv der sozialen Demokratie in Kiel sind nach den Erfahrungen meiner Tochter vor einigen Jahren die Unterlagen nicht einmal geordnet aufbewahrt. Die Verwaltung der Stadt Heide, die inzwischen nach langen Querelen wenigstens eine Gedenktafel für die Opfer der Gewaltherrschaft aufgestellt hat, kann über die Namen der Menschen, für die diese Tafel errichtet wurde, nichts aussagen, sie sind nicht vorhanden. Eine gleiche Hilflosigkeit in dieser Hinsicht herrscht bei der Landkreisverwaltung. Lediglich die Ernsten Bibelforscher haben sich Gedanken gemacht über die Namen ihrer Märtyrer, wie ein telefonischer Anruf ergab, aber es sind leider keine Aufzeichnungen vorhanden.
Die einzige Quelle, aus der noch sämtliche Namen, Haftgründe und in vielen Fällen sogar die Namen eventueller Denunzianten zu erfahren wären, ist das Landesentschädigungsamt in Kiel. Diese Quelle verstopft aber der Datenschutz, sie sprudelt nur noch für Angehörige, aber wo sind die nach über fünfzig Jahren noch zu finden?
Ein Lichtblick tat sich mir auf, als ich in den Besitz einer Dokumentation über das in Neuengamme 1944 hingerichtete Ehepaar Bruhn von Georg Gerchen in der Veröffentlichung "DAZ" für den "Arbeitskreis Widerstand und Verfolgung im Nationalsozialistischen Dithmarschen" kam. Hier hatte Gerchen eine unvollständige Liste von ehemaligen politischen Häftlingen angefügt. Jetzt endlich war ich in der Lage, eine vollständige Liste wenigstens der Naziopfer in der Stadt Heide anzufertigen. Ebenso gelang mir die Aufstellung einer Liste der Nazi-Opfer in Büsum und Wesselburen. Für Lunden und für die Bibelforscher war mir Ernst Daniels jun., der Sohn des ehem. Häftlings und Angehörigen der Ernsten Bibelforcher Ernst Daniels sen. eine große Hilfe. Die nachfolgende Liste ehemaliger Häftlinge aus dem Kreisgebiet Norderdithmarschen kann also eine vollständige sein, es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass noch vereinzelt Namen fehlen.
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