Flüchtlinge sind nicht gefährlich sondern gefährdet. Bist Du informiert?
Jedes Jahr um den 1. Oktober herum, dem Tag des Flüchtlings laden wir vom Treffpunkt ein zu einem Fest ins Kunsthaus der Brücke.
Am 16. September fand das dritte Fest der Migrantinnen und Migranten in Dithmarschen statt. Es wurde gesungen und getanzt mit Carola; eine Bauchtanzgruppe zeigte, was sie gelernt hat; Zahid Quliyev führte mit seinen beiden Söhnen ein azerbaidschanisches Lied vor; anschließend gabs internationale Discomusik und am Abend hatte TK, der Gangsterrapper, mit seiner Truppe, wie leztes Jahr, einen Auftritt.
Dazwischen gab der Treffpunkt eine Erklärung für Chefket ab und sang ein Lied, um zu zeigen, dass es uns nicht gleichgültig ist, dass der Kreis Dithmarschen ihn abgeschoben hat. Oben im ersten Stock des Kunsthauses gab es Köstlichkeiten aus aller Welt, von den regelmäßigen Besucherinnen und Besuchern des Treffs gemacht.
Wann er gekommen ist, weiß ich nicht mehr. Er arbeitete in Heide als Friseur. Bis die Kreisverwaltung ihm die Arbeitserlaubnis verweigerte. Etwa 50 jahre alt, schlank, ernst und ruhig. Daran verbarg er seine innere Verzweiflung, die ihn seit seiner Folter in der Türkei beherrschte. Er ging zur psychotherapeutischen Tagesklinik. Ich habe seine Begründung für das Gericht aufgeschrieben, während er sie Celal erzählte und der sie mir diktierte. Eines Tages erhielt er eine Einladung von der Ausländerbehörde und sie behielten ihn gleich da, brachten ihn in den Abschiebeknast nach Rendsburg und von dort wurde er einige Wochen später in die Türkei abgeschoben. Sein Handabdruck ist hiergeblieben. Er befindet sich auf dem Einldungsplakat irgendwo zwischen den anderen. Wir sollten ihn wieder zurückholen, damit die Menschenrechtsverletzer kein Recht behalten.
Ich komme aus der Türkei und bin Kurde, bin 23 Jahre alt und lebe 7 Jahre in Deutschland. Ich kann sehr gut Deutsch sprechen, weil ich nicht arbeiten durfte. Deswegen habe ich für viele Leute, Bekannte und Freunde bei Behörden, Anwälten und Psychologen überseztzt. Bei jedem Mensch, für den ich übersetzt habe, hörte ich verschiedene Geschichten. Ich habe viele Menschen gesehen, die ganz schlimme Erlebnisse in ihrer Heimat gehabt haben und dachten, dass sie in Deutschland in Frieden leben. Weil ich für sie übersetzt habe, kenne ich deren Situation sehr gut, und ihre Geschichten haben mich traurig gemacht. Aber einmal war ich bei einer Weihnachtsfeier der Brücke und traf Sefket Kozakli. Er hat mich um Hilfe gebeten. Er sagte zu mir: "Celal, mein Gericht ist abgelehnt worden. Ich muss wieder zruück in die Türkei. Kannst du mir beim übersetzen helfen. Nach diesem Kennenelernen haben wir uns häufig getroffen. Er war immer traurig und erzählt zu keinem über sich. er dacht, er könnte diesmal in Deutschland bleiben. Immer wenn er einen Brief oder einen Termin hatte, kam er zu mir nach Hause, oder auch wenn es ihm schlecht ging und er hoffnungslos war, hab ich ihn getröstet. Er erzählte dass er schon mal hier war und abgeschoben wurde, und dass er Angst hatte, dass es wieder passiert. Er stand mindestens zweimal die Woche vor meiner Tür. Er musste monatlich zum Kreis gehen, um seine Duldung zu verlängern und er fragte mich, ob ich mitkomme. An diesem Tag musste er wieder zum Kreis gehen. Weil wir einen Termin beim Anwalt hatten, habe ich zu ihm gesagt: "Ich gehe zum Anwalt und warte da auf dich". An diesem Tag wurde Chefket von zwei Heider Polizisten festgenommen und nach Rendsburg in Abschiebehaft gebracht. Dort wurde er zwei Wochen festgehalten und anschließend in die Türkei ausgeflogen. Ich habe nicht geglaubt, dass es soweit kommt, weil die ärzte festgestellt haben, wie krank er ist. Er war auch in der Tagesklinik und in therapeuticher Behandlung.