Es sieht so aus, als ob die Bruhns 1933 bereits aus Heide weggezogen waren. In den Unterlagen zur Volks-zählung vom 16. Juni 1933 ist für die Große Westerstraße 21 nur eine einzige Haushaltungsliste auf den Namen Lorenzen verzeichnet, die 1 männliche und 3 weibliche Personen erfaßte. 23)
Ursula Puls gibt an, daß Gustav Bruhn im April 1933 in Schutzhaft genommen wurde. Das wird wohl kaum in Heide geschehen sein, denn das Tagebuch der Polizei Heide, das ansonsten die staatlichen Aktionen gegen Oppositionelle und Linke genau verzeichnet, führt im Jahr 1933 den Namen Bruhn nicht auf. 24) Das stützt die Vermutung, daß die Bruhns damals bereits in Hamburg wohnten.
Für den Wegzug aus Heide gibt es politische und praktische Gründe. Die KPD hatte seit 1932 "...sogenannte I- Kommissionen eingerichtet, die die Aufgabe hatten, neben der noch legalen Organisation einen unterirdischen Parteiapparat aufzubauen mit illegalen Leitungen, Quartieren, Druckereien, Kurierdiensten, Anlaufstellen, Deckaddressen usw." 25)
Genau für derartige Vorarbeiten war Gustav Bruhn als Funktionär der Bezirksleitung verantwortlich beauf-tragt worden. Die Partei rechnete für einen illegalen Kampf in den Städten mit günstigeren Bedingungen als auf dem Lande. Auch aus heutiger Sicht kommt z.B. Nissen zu einer ähnlichen Einschätzung:
"Zudem war Schleswig Holstein mit seiner ländlich kleinstädtischen Struktur von vornherein sehr ungünstig für Widerstandsaktionen. Denn in Dörfern und Städten, wo jeder jeden kannte, überwachte und kontrollierte, war Widerstand ganz gleich in welcher Form um einiges schwieriger als in den anonymisierten Verhältnissen von Großstädten wie z.B. Berlin, Hamburg oder Dresden." 26)
"Nach Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland wurde Gustav Bruhn im April 1933 in Schutzhaft genommen, mußte jedoch schon im Juli wegen Mangels an Beweisen wieder entlassen werden. Kaum auf freiem Fuß, stellte er seine Kraft sofort wieder in den Dienst seiner Partei und half bei der Organisierung der Antifaschisten gegen das verbrecherische Hitlersystem. Im September 1933 wurde er aufs neue verhaftet und vom Volksge-
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Der Faschismus an der Macht: Haft und KZ
Appell im Konzentrationslager Sachsenhausen