1927: Prozeß und Haft
Mit der Verschärfung der politischen Auseinandersetzung griff der Staat gegen die radilalen Parteien ein. Im Stadtarchiv Heide gibt es eine Akte "Schutz der Republik 1926- 1931“ 18)
Gegen Rechte sind dort überwiegend Vorgänge wegen Verstoßes gegen das Uniformtrageverbot enthalten. Gegen Linke wird meist die Beschlagnahme von Broschüren und Zeitschriften angeordnet. Das traf auch Gustav Bruhn. 1927 "wurde er wegen Vertriebs der Broschüre 'Deutschlands revolutionäre Matrosen' verhaftet und dem Gericht zugeführt. Zu drei Jahren Festungshaft verurteilt, kam Gustav Bruhn auf die Festung Gollnow." 19) Zweifellos ein politischer Prozeß, drei Jahre Haft für den Vertrieb einer Broschüre! Über die Haftbedingungen in Gollnow kann bei Scheringer nachgelesen werden. 20)
Ursula Puls: "Durch harte Arbeit, durch die Solidarität der Arbeiterschaft und die Unterstützung der Roten Hilfe konnte Elisabeth Bruhn ihren und den Lebensunterhalt ihres Kindes bestreiten. Ungebrochen, war sie der Mittelpunkt ihrer Parteiorganisation.
1928 wurde Gustav Bruhn als Kandidat der KPD für den Preußischen Landtag aufgestellt. Er wurde gewählt und durch die Abgeordnetenimmunität aus der Festungshaft befreit. Unermüdlich trat er für seinen Wählerkreis ein, ob es sich um die Sicherung der Inseln gegen Sturmfluten handelte oder um andere Sorgen und Nöte der Fischer. Während dieser Zeit war er Mitglied der KPD Bezirksleitung Wasserkante." 21)
Gustav Bruhns politische Praxis: eine Arbeitslosenversamlung in Heide 1929
In der Zeit als Landtagsabgeordneter hatte Gustav Bruhn weiter intensiven Kontakt mit den Heider Problemen. Am 3. 3. 1929
fand in der Heider Kaserne eine große Arbeitslosenversammlung statt, einberufen von dem Maler Otto Schulz, Marschstr. 18. In die Diskussion griff auch Gustav Bruhn ein.
Der Polizeiinformant Schneider berichtet: "Jetzt erschien in dem Saal der arbeitslose Tischler Gustav Bruhn wohnhaft hier Große Westerstraße und sprach ebenfalls zu Punkt 1 der Tagesordnung.
Er bedaure aber sehr, nicht genau über den jetzigen Stand der Arbeitslosig-keit unterrichtet zu sein, da er längere Zeit unschuldig in Flensburg im Gefängnis gesessen habe. In größerer Ausführung kritisierte er aber trotzdem die allgemeine Notlage der Arbeitslosen und der notleidenden Arbeiterschaft im Allgemeinen.
Er sei der Ansicht, daß sich die Arbeitslosen viel schärfer zu organisieren hätten, denn nur durch eine scharfe, organisierte Masse der Arbeitslosen können sie etwas verrichten. Vor allen Dingen hätte sich jeder Arbeiter gewerkschaft-lich zu organisieren.
Falls die Arbeitslosen nicht mit aller Energie bei der Sache wären, würden sie bald Gefahr laufen, daß ihnen in allernächster Zeit überhaupt keine Unterstützung mehr gewährt werde, und da heißt es auf der Hut zu sein.
Bruhn kam dann auf das Arbeitspflichtgesetz zu sprechen. Er führte aus, daß es nicht rechtens sei, als eine große Verhöhnung der Arbeitnehmer durch das Großkapital. Hiergegen müßten sie sich energisch wehren und den Arbeitern, falls sie in Lohnstreitigkeiten säßen, nicht in den Rücken fallen. Er für seine Person würde es nicht tun und er hoffe von allen anwesenden Arbeitslosen dasselbe. Es wurden von Bruhn Beispiele angeführt. Sodann wurde eine Verhandlungskommission neu gewählt, da zwei derjenigen von hier
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