Das Konstrukt aus Polizeierfolg und Gefahr für Sicherheit wird wie eine Seifenblase zerplatzen.

Eine Menge Text, geb ich zu, um altem Freund Sascha eine Freude zu machen. Der mag so gern lange Texte. Ob er diesen auch mögen wird, ist ungewiss. Schreibt indes auch selbst gern lange Texte. Sehr kritische Masse.

Selbst beim Iraker in Ludwigsburg gab es nichts zu finden. Keine Waffen, kein Kokain. Herr Seehofen muss enttäuscht sein, denn ohne ein wenig Ergebnis liest sich dieser Satz schräg: "Erste Hinweise an die Polizei kamen vom Bundesamt für Verfassungsschutz, wie Innenminister Horst See­hofer berichtete. Der CSU-Politiker lobte die gute Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern und wies ebenfalls darauf hin, dass die Sicherheitslage angespannt bleibe. Ein terroristischer Anschlag könne jederzeit erfolgen." Dies soll er zum Meldorfer GSG9 Überfall gesagt haben. Auch die englischen Ermittler erweisen sich in unserem Fall als unfähig, wie wir sie vom Fall Skripal her kennen. Die Bundesanwaltschaft äußerte sich gestern nicht. „Was in England ermittelte Beschuldigte planten, wissen wir nicht", sagte Sprecherin Frauke Köhler. „Unsere Verdächtigen hatten noch keine konkreten Anschlagsziele." Die vier Inhaftierten können einem schon Leid tun. Wir können nur hoffen, dass sie noch leben und ihre Haft überstehen. Die Behauptung: "Die Polizei habe in Meldorf eine mutmaßliche islamistische Terrorzelle ausgehoben und damit einen geplanten Anschlag in Deutschland vereitelt", ist kein Witz, allemalachn.

Was ist geschehen

Am 30. 2. gegen 6 Uhr stürmten Polizisten, darunter Spezialkräfte und GSG9 zeitgleich ein Haus am Meldorfer Nanny-Peters-Weg und ein Gebäude an der Bundesstraße 5 in Elpersbüttel. Dabei wurden drei Iraker festgenommen. Alle drei Männer wurden von dem Zugriff völlig überrumpelt und mehr oder weniger widerstandslos festge­nommen — zwei von ihnen in Meldorf, einer in Elpersbüttel. Der Einsatz der Beamten dauerte bis in die Mittagsstunden. Das Trio hatte begonnen, Schwarzpulver aus Silvesterknallern für Sprengstoffexperimente zu gewinnen. Die hierzulande als Flüchtlinge anerkannten Männer besorgten sich demnach in den vergangenen Wochen Bombenanleitungen, unternahmen Sprengversuche. Die Festgenommenen sollten noch gestern dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt werden. Der aus dem Irak stammende und in Ludwigslust lebende Walid Khaled Y.Y. sei vorläufig festgenommen worden, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Schwerin.

Was wird den Drei vorgeworfen

Einen terroristischen Anschlag geplant zu haben mit dem Ziel, „Ungläubige" zu töten. Wie der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, sagte, ergaben die Ermittlungen, dass die Verdächtigen den Plan hatten, „möglichst viele Menschen zu töten". Nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft gibt es Verbindungen zur Terrormiliz IS.
Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags. Den beiden 23-Jährigen, Shahin F. und Hersh F., wird vorgeworfen, in Deutschland einen islamistisch motivierten Anschlag geplant zu haben.
Der 36 Jahre alte Rauf S., der bei den Planungen geholfen und versucht haben, den beiden anderen Männern eine Schusswaffe zu besorgen. Er sei auch fündig geworden, berichtete die Polizei. Laut Bundesanwaltschaft steht der 34-Jährige in Ludwigslust lebende Walid Khaled Y.Y. im Verdacht, eine Pistole vom Typ Makarov angeboten zu haben, die bei einem geplanten Anschlag benutzt werden sollte.
Alternativ seien Anschläge mit einem Auto geplant gewesen.

Nichts ist dran

In ihren Vorbereitungen sollen sie jedoch noch nicht weit fortgeschritten gewesen sein.
Spekulationen darüber, dass einer von ihnen Schüler einer Meldorfer Fahrschule gewesen ist, konnten bislang nicht verifiziert werden.
Bislang nicht ersichtlich, ob die Männer im Auftrag einer terroristischen Vereinigung handelten, oder alleine.
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft hatten die Beschuldigten aber noch kein konkretes Ziel für ihren Anschlag.
Ihre Sprengversuche waren nach Einschätzung der Sicher­heitsbehörden zudem nicht sehr professionell.
Keine Belege für einen Auftrag des IS, oder eine Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung.

Distanzierungsdruck

Auch wenn die Schwarze Garde es nicht leicht macht und die BILD-Zeitung erst recht nicht, sollte ein Bürgermeister Ruhe bewahren und nicht den Schwanz einziehen. Bei Bürgermeister Sven Karstens stand das Telefon nach Bekanntwerden der Aktion nicht mehr still. „Auf einmal hat mich jemand von einer Zeitung aus Berlin angerufen und wollte wissen, was bei uns los ist. Ich habe den oder die Typen bei uns in der Gemeinde nie zu Gesicht bekommen. Wir haben ein paar Flüchtlinge bei uns aus Eritrea, die sehr bemüht sind, sich am Dorfleben zu beteiligen. Von Irakern habe ich nie etwas mitbekommen." Dass irgendetwas Merkwürdiges in seiner Gemeinde vor sich gehen könnte, mutmaßte er aber bereits im Dezember. Da habe sich ein Anwohner bei ihm gemeldet, der ihm von einem auffälligen Auto berichtet habe, das mehrfach nachts im Schritt­tempo durchs Dorf gefahren sei. „Bei uns fährt sonst nachts kein fremdes Auto im Schneckentempo durchs Dorf, so der Bürgermeister. Er vermutet nun, dass es sich dabei um zivile Polizisten gehandelt haben könnte, die die Iraker beschattet haben. Wenn er von "den Typen" spricht, bedient er vorverurteilend das Klischee, das die Hetzmedien haben wollen.
Auch die Meldorfer Bürgermeisterin schlägt sich wacker gegen die Übermacht der Skandalpresse für die besorgten Bürger: „Ich bin erschüttert und verurteile es aufs Schärfste, dass Menschen unsere Stadt als Rückzugsort nutzen, um hier Terrorpläne zu schmieden", sagte Anke Cornelius-Heide. Gleichzeitig warnte sie davor, wegen einer kleinen radikalen Minderheit alle Flüchtlinge in ein schlechtes Licht zu rücken. Jeder sieht es ihr nach, dass sie nicht erschüttert ist von der Bedrohung durch Staatsterroristen.

Die Angabe, dass die Personen unauffällig und besonders gut gekleidet sind, bedient genau das Bild von dem skrupellosen Attentäter, vor dem man vor allem auf der Hut sein muss. Hier werden "solche Menschen" entpersonalisiert dargestellt, obwohl alles noch in der Ermittlungsphase ist.
DLZ Zitate: Für viele Bewohner ist es unerklärlich, dass solche Menschen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft wohnten. Ein Bewohner am Nanny-Peters-Weg, der anonym bleiben will, sagt „Die Männer haben dort in etwa ein halbes Jahr gewohnt. Mir ist nie etwas aufgefallen." Eine Anwohnerin kennt die Festgenommenen. „Die beiden Iraker waren sehr freundlich und höflich. Sie haben immer gegrüßt und waren adrett gekleidet." Eine andere Nachbarin mit direktem Blick auf die Wohnung im ersten Stock, hat vom Einsatz am Mittwoch erst später etwas mitbekommen: „Mein Hund hat zwar gegen 3.30 Uhr angeschlagen. Ich selbst habe aber nichts gemerkt und habe von den Einsatzkräften erst in den frühen Morgenstunden etwas wahrgenommen." Die Aktion sei ihrer Aussage in der Frühe nach ziemlich geräuschlos verlaufen. Monika Matthiesen vom Meldorfer Gemeindehilfswerk kennt sich mit der Betreuung von Flüchtlingen gut aus. „Zu mir kommen so gut wie alle Flüchtlinge, ich kenne auch einige Iraker, aber von den drei Männern habe ich noch nie etwas gehört." Schlimmer als die Überraschung, auf einmal in den Schlagzeilen zu sein, sind die Vorwürfe, versagt zu haben und die Sicherheit des Deutschen Volkes aufs Spiel gesetzt zu haben. Ich bitte um etwas mehr Freundlichkeit. Wenn man einerseits seine "gute Arbeit" lobt und andrerseits die "bösen andern", könnte der Gedanke auftauchen, dass die Arbeit whl doch nicht so dolle war. Aus der Sicht der Migrantinnen und Migranten ergibt sich Differenziertes, vorausgesetzt man wagt es, im Gastland Kritik zu üben.

Am 8.2. überraschte Niel Leiffeld dann die Leserinnen und Leser der DLZ mit einer Tatsache, dass Eine Terrorzelle über Monate in Meldorf Anschlagspläne ausheckte. Er war zuvor bei der örtlichen Kleiederkammer gewesen, um dort Interviewpartner zu finden, die es ihm bestätigen. "Die Nachrichten haben uns traurig gemacht, weil jetzt wieder alle die Migranten über einen Kamm scheren," so kam er nicht weiter. "Offensichtlich wünschten die drei nicht, mit irgend jemand in Kontakt zu treten." Das gefiel dem Stadtschreiber schon besser. Sozalarbeiterin Matthiessen habe gehört, dass einer der drei zuvor relativ harmlos gewesen sein soll. Daraus lässt sich was machen. Wir erinnern uns, das sind die Schlimmsten. Kaffesatzleserei. Super. Fazit: Harmlos oder nicht. Sitzen jetzt in Untersuchungshaft. Ein Bedauern lässt sich doch noch lesen: Wir wollen nicht, dass die Menschen unsere Stadt als Hochburg von Terroristen sehen. Hier braucht es keine Pegida, hier haben wir die Kleiderkammer.

Hier der Bericht vom 2.2. umd vom 23.10.