Bücherverbrennung

Am 24. April 1933 bewilligte Bürgermeister Schmedtje dem Büchereileiter August  Hameyer weiteres Geld unter der Auflage: „nur zur Anschaffung nationalen Schrifttums“ und „Räumung unserer Bücherei von antinationalen und pazifistischen Lesestoffen … die aus unserer Bücherei verschwinden sollen und am besten so, wie sie sind, in der Heizung der Knabenbürgerschule dem Feuertod überantwortet wer-den“. Laut Protokoll der Liste der aus der Bücherei ausgeschiedenen Bücher marxistischen Inhalts und Bücher jüdischer Autoren betraf das August Bebel- Die Frau und der Sozialismus; Alfred Döblin- Berlin Alexanderplatz; Emil Ludwig- Wilhelm II; Rosa luxemburg- Briefe aus dem Gefängnnis; Martin Alexander Nexö- Bauern und Bornholmer Novellen und Lobgesang aus der Tiefe; Fedor Panferow- Genossenschaft der Habenichtse; Erich Maria Remarque- Im Westen nichts Neues und Der Weg zurück; Rahel Sanzara- Das verlorene Kind; Upton Sinclair- Boston, Petoleum, Der Sumpf, Roman aus Chicagos Schlachthäusern und Wallstreet; Berta von Suttner- Die Waffen nieder; Alfred Schokauer- Lasalle und ein Leben für Freheit und Liebe; Frank Thies- Der Tod von Falern; Adrienne Thomas- Die Katrin wird Soldat;  Jacob Wassermann- Der fall Maurizius; Arnold Zweig- Mädchen und Frauen, Der Streit um den Sergeanten Grisha, Pont du Anna und die Novelle um Claudia; Stefan Zweig- Amok.

Im Protokoll fehlen drei Bücher des jüdischen Autors Alfred Neumann- Der Teufel, Rebellen und Guerra. Noch am selben Tag ließ Schmedtje die Bücher abholen – jedoch erst ein Jahr später am 14.5.1934 „dem Feuertod überantworten“. Ein halbes Jahr später legte der Hamann sein Amt nieder: „Da man meine Arbeit mit Misstrauen betrachtet und ihr Richtlinien gegeben werden sollen, die nicht in ihren aufgaben liegen.“ Sen Nachfolger durch Vorschlag des NS- Ortsgruppenleiters wurde der Lehrer Heinrich Hastedt. Er eleminierte 1936 noch weitere 76 Bände von der „erweiterten Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“.

Die Bücherverbrennungen sind ein ungreifbares Thema. Bücher sind etwas, woraus ich lernen kann, Spannung, Unterhaltung, Wissen. Eigentlich würde ich keine Bücher verbrennen, weil ich sie noch einmal lesen würde. Andersherum ist ein brennendes Buch keine große Nummer. Niemand kommt dabei zu Schaden, kein Gesetz wird dafür sowohl gebraucht, noch übertreten.

Demgegenüber kann man die Aktivitäten mit Volksfestcharakter und pogromartiger Stimmung fast als Massenunfug bezeichnen. Abscheu gegen Intellektuelle, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Fortschrittsabwehr und Kommunistenhatz wurden in diesen banalen Akt, Altpapier in einen Schulofen zu stecken, interpretiert, ergänzt durch einen Hauch Religiosität durch die Bezeichnung „Feuertod überantworten“. So wurden die Bücher symbolisch geopfert für das deutsche Volk. Wenn es nicht so ernst elend und erbärmlich wäre. Denn auf die Bücher folgten kurz darauf die Schreiber selber, wenn sie nicht vorher ins Exil gegangen wären, wie Mascha Kaleko und andere. Das betraf Yura Soyfer, Carl v. Ossietzki, Erich Mühsam und andere. Dabei handelte es sich ab da nicht mehr nur um Autoren, sondern auch um Musiker, Schauspielerinnen, Maler, Sportlerinnen, Wissenschaftler oder Politikerinnen.

Aus einer Rede bei einer Bücherverbrennung:

  1. Sprache und Schrifttum wurzeln im Volke. Das deutsche Volk trägt die Verantwortung dafür, daß seine Sprache und sein Schrifttum reiner und unverfälschter Ausdruck seines Volkstums sind.  

  2. Es klafft heute ein Widerspruch zwischen Schrifttum und deutschem Volkstum. Dieser Zustand ist eine Schmach.  

  3. ...  

  4. Unser gefährlichster Widersacher ist der Jude und der, der ihm hörig ist.  

  5. Der Jude kann nur jüdisch denken. Schreibt er deutsch, dann lügt er. Der Deutsche, der deutsch schreibt, aber undeutsch denkt, ist ein Verräter. Der Student, der undeutsch spricht und schreibt, ist außerdem gedankenlos und wird seiner Aufgabe untreu.  

  6. ... 

  7. Wir wollen den Juden als Fremdling achten und wir wollen das Volkstum ernst nehmen. Wir fordern deshalb von der Zensur: Jüdische Werke erscheinen in hebräischer Sprache. Erscheinen sie in deutsch, sind sie als Übersetzung zu kennzeichnen. Schärfstes Einschreiten gegen den Mißbrauch der deutschen Schrift. Deutsche Schrift steht nur Deutschen zur Verfügung. Der undeutsche Geist wird aus öffentlichen Büchereien ausgemerzt.  

  8. ... 

  9. ... 

  10. Wir fordern vom deutschen Studenten den Willen und die Fähigkeit zur Überwindung jüdischen Intellektualismus und der damit verbundenen liberalen Verfallserscheinungen im deutschen Geistesleben. 

1. Rufer: Gegen Klassenkampf und Materialismus, für Volksgemeinschaft und idealistische Lebenshaltung!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Marx und Kautsky.

2. Rufer: Gegen Dekadenz und moralischen Zerfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Heinrich Mann, Ernst Glaeser und Erich Kästner.

 3. Rufer: Gegen Gesinnungslumperei und politischen Verrat, für Hingabe an Volk und Staat!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Friedrich Wilhelm Foerster.

4. Rufer: Gegen seelenzerfasernde Überschätzung des Trieblebens, für den Adel der menschlichen Seele!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Sigmund Freud.

5. Rufer: Gegen Verfälschung unserer Geschichte und Herabwürdigung ihrer großen Gestalten, für Ehrfurcht vor unserer Vergangenheit!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Emil Ludwig und Werner Hegemann.

6. Rufer: Gegen volksfremden Journalismus demokratisch-jüdischer Prägung, für verantwortungsbewusste Mitarbeit am Werk des nationalen Aufbaus!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Theodor Wolff und Georg Bernhard.

7. Rufer: Gegen literarischen Verrat am Soldaten des Weltkriegs, für Erziehung des Volkes im Geist der Wehrhaftigkeit!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Erich Maria Remarque.

8. Rufer: Gegen dünkelhafte Verhunzung der deutschen Sprache, für Pflege des kostbarsten Gutes unseres Volkes!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Alfred Kerr.

9. Rufer: Gegen Frechheit und Anmaßung, für Achtung und Ehrfurcht vor dem unsterblichen deutschen Volksgeist!
Verschlinge, Flamme, auch die Schriften von Tucholsky und Ossietzky!

Am 19. April erfolgte ein Aufruf der „Deutschen Studenten- Führung“, als weitere Aktion den Kampf „gegen den für unsere deutsche Hochschule untauglichen Hochschullehrer“ aufzunehmen. Die Losung lautete: „Der Staat ist erobert. Die Hochschule noch nicht! Die geistige SA rückt ein. Die Fahne hoch!“

Die Bücherverbrennungen waren ein Aktion im Rahmen der Elitebildung. So wie auf der sportlichen und musischen Ebene auch, wurden die Siegerurkunden den Kinder der Stadtoberern verliehen. Gerichtet waren sie auf die Feinde der Eliten.