Theodor Constabel war ein feiner, belesener Herr und Am Markt Nr. 1 als Notar und Rechtsanwalt tätig. Er hatte schon immer was übrig für die Seefahrt. 1922 war er auf der Gründungsversammlung des meldorfer Segelvereins (MSV) unter dem Vorsitz von Dr. Stintzing. Constabel, Theodor schrieb den Aufsatz: „Das Deichrecht Süderdithmarschens“, in: Jahrbuch des Vereins für Dithmarscher Landeskunde, Bd. IX (1929), S. 103-191. Er war 1934 Mitbegründer der NS- Kulturgemeinde. 1936 übernahm er den Vorsitzender von 43 aktiven Seglern des MSV. 1948 übernahm er erneut den Vorsitz, diesmal von Fritz Brehmer. Der Bootsschuppen wurde an den Deich versetzt.
Formiert wurde diese militärische Abteilung in Cuxhaven zu Beginn des Krieges vom „Festungskommandanten Nordfriesland“ und unterstand der „Marinestation der Nordsee“. Sein Befehlsbereich wurde die Linie östlich Spieka- Bad Bederkesa der deutsch- dänischen Grenze mit Abschnitten in Cuxhaven, Brunsbüttel und Sylt. Mit der Besetzung Dänemarks im April 1940 wurde die Insel Roem hinzugefügt. Im Februar 1941 wurde der Stab benutzt, um „Marinebefehlshaber ‘A’“ zu bilden und ging nach Griechenland. Der Befehl Bereich wurde dann dem neu gebildeten „Küstenbefehlshaber Deutsche Bucht“ unterstellt. Die Zweigstelle Westerland unterstand Marinekriegsgerichtsrat Dr.jur. Theodor Constabel (Januar - September 1940)
Beim Seekommando Ostfriesland
Dieser Verband wurde gebildet im November 1944 mit Sitz in Tidefeld im Norden in Ostfriesland. Es unterstand dem Kommandierenden Admiral Deutsche Bucht und kontrollierte den westlichen Teil des Befehls. Und die Zweigstelle Wilhelmshaven unterhielt Marineoberstabsrichter Dr.jur. Theodor Constabel (07 Sep 1944- Januar 1945)
Richter der Ausbildungsverbände der Flotte
Mit der Flottenreorganisation im Juni 1941 wurden die Ausbildungskreuzer kombiniert, um den „Verband der Ausbildungskreuzer“ zu formieren, die alle aufgelösten Kreuzer in der Ostsee befehligten. Im November 1941 wurde der ranghöchste Kommandant als Chef eingesetzt. Im April 1942 wurde der Personalbestand erhöht und der Chef wurde Befehlshaber. Im Juli 1944 wurden mehrere Schiffe zusammengefasst, um die „Kampfgruppe Thiele“ zu formieren, und der „Befehlshaber der Ausbildungsverbände der Flotte“ hatte den Befehl über beide Formationen bis September 1944. Im März 1945 bildete sich eine andere Kampfgruppe, Kampfgruppe „Rogge“, bis April 1945. Leitender Richter 1945 war Marineoberstabsrichter Dr.jur. Theodor Constabel (Jan - April 1945)
Todeurteile gegen Deserteure in der Geltinger Bucht - Untergrabene Manneszucht. Zwei Marinesoldaten hingerichtet nach dem 8. Mai 1945. Der Deserteur - der Todfeind Nr. 1
„Es muss der Deserteur wissen, dass eine Desertion gerade das mit sich bringt, was er fliehen will. An der Front kann man sterben, als Deserteur muss man sterben. Nur durch solch eine drakonische Bedrohung jedes Versuchs zur Fahnenflucht kann eine abschreckende Wirkung nicht nur für den einzelnen, sondern für die Gesamtheit erzielt werden.“ (Hitlers „Mein Kampf“)
„Ein Feigling und Verräter ist, der sich gerade jetzt seiner Pflicht entzieht und damit deutschen Frauen und Kindern Tod und Versklavung bringt.“ (Hitlers Nachfolger Großadmiral Karl Dönitz am 1.Mai 1945)
Der Richter war Dr. Theodor Constabel, wohnhaft in Meldorf in Holstein. Der Gerichtete der gelernte Schlosser Johann Christian Süß, geboren am 21. November 1923 in Hüttenheim, beerdigt auf dem Flensburger Friedhof Friedenshügel, Abteilung 29, Grabstelle 308.
Sein Vater, der Bergmann Johann Süß, der 1960 in Roxheim bei Bad Kreuznach starb, hatte manchen Kummer mit ihm. Er bekam zahlreiche Mahnungen von dessen Kommandanten, erzieherisch auf den disziplinlosen Sohn einzuwirken, wie am 30. April 1943, wo der schrieb, er müssen sich nun „auf schlimmste Strafen (Gerichtsstrafen) gefaßt machen.“
Am siebten Mai 1945 verweigerte der Gefreite Hans Süß ebenfalls in Mürwik das Anheizen eines Kriegsschiffes, wofür ihn ein Bordkriegsgericht am 10. Mai 1945 unter Marineoberstabsrichter Dr. Theodor Constabel zum Tode verurteilte.
Am 8. Mai 1945 legte die deutsche Wehrmacht die Waffen nieder. Am 11. Mai griffen zehn deutsche Soldaten wieder zu den Karabinern und erschossen einen Deutschen. Es war die Vollstreckung eines Todesurteils, das ein deutsches Kriegsgericht aufgrund deutschen Kriegsrechts gefällt hatte - nach der Kapitulation.
Es war der Eichenlaubträger Rogge, renommierter deutscher Kaper- Kommandant des Zweiten Weltkriegs, Befehlshaber des Ausbildungsverbandes der Flotte, der das Flensburger Todesurteil als zuständiger Gerichtsherr bestätigt hatte. Das Urteil wurde am kommenden Tag - auf dem Schießplatz Twedter Feld - vollstreckt.
Auch in Friedenszeiten keine Gnade für Deserteure
Die Hinterbliebenen erfuhren nichts von diesem Schicksal, obwohl sie oder wenigstens der „gemeindliche Polizeiverwalter“ nach einem OKW-Erlass (vom 7. August 1940) hätten verständigt werden müssen.
Abbildung 1: Flak Reg 22 von 1936 auf dem Domplatz. (Flugabwehrkanonen Regiment). Foto: Dithmarscher Landesmuseum Meldorf
Daraufhin verhandelte im Mai/Juni 1948 ein Schwurgericht in Hamburg gegen den Kapitän zur See Rudolf Petersen, der am 10. Mai 1945 als Gerichtsherr die von einem Kriegsgericht verhängten Todesurteile über drei fahnenflüchtige Matrosen bestätigt und die Vollstreckung befohlen hatte. Gerichtsherr Petersen wurde freigesprochen, der Vorsitzende des Kriegsgerichts, also Rogge, wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.
Die Erklärung des Kieler Justizministerium lesen sich wie eine erneute Bestätigung des Urteils. Ein 21- jähriger Maschinen- Gefreiter hätte sich am 7. und 9. Mai 1945 der „Untergrabung der Manneszucht“ durch „zersetzende Reden“ schuldig gemacht. Ein Bordgericht- besetzt mit einem Marine- Oberstabsrichter, einem Kapitänleutnant und einem Hauptgefreiten- daraufhin am 10. Mai den Delinquenten nach Paragraph 5 Ziffer 2 der Kriegssonderstrafrechtsverordnung (KSSVO)2 zum Tode verurteilt.“
Neben Rogge werde auch gegen die Richter des Bordgerichts ermittelt, bekundete der Justiz-Sprecher. Weder erläuterte er, was es nach der deutschen Kapitulation noch zu „zersetzen“ gab, noch nannte er die Namen von Richter und Gerichtetem.
s.Zt. in Vollstreckung
Erst 1952, als dem Flensburger Standesamt zur Kenntnis kam, dass auf dem Schießstand in Mürwik Leichen deutscher Soldaten begraben seien, wurde nachgeholt, was die Kriegsmarine einst versäumt hatte.Am 25. März 1952 ließ das Standesamt die Leichen von vier deutschen Soldaten auf dem Schießstand exhumieren und auf den Flensburger Friedhof Friedenshügel überführen und informierte die „Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht“ (Wehrmacht- Abwicklungsstelle) in Berlin. Außer Johann Christian Süß wurden drei Soldaten beigesetzt, die zwei Tage vor der Kapitulation - am 6. Mai - erschossen worden waren:
- der Maschinen-Hauptgefreite Willi Albrecht aus Trechow, Kreis Franzburg/ Barth (Pommern);
- der Maschinen-Hauptgefreite Karl -Heinz Freudenthal aus Bremerhaven;
- der Signal-Hauptgefreite Günther Källander aus Memel.
Im Dezember 1952 teilte die Abwicklungsstelle den Eltern von Süß, die bis dahin immer noch glaubten, der Sohn sei vermisst, mit: „Ihr Sohn Johann Christian Süß wurde am 11. 5. 1945 in Flensburg- Mürwik erschossen.“ Der damalige Flensburger Oberstaatsanwalt Voß ließ am 30. Januar 1953 antworten: „Wie ich aus den hier zur Verwahrung gelangten Akten eines ehemaligen Gerichts der Kriegsmarine entnommen habe, wurde der Masch.- Gefr. Johann Süß, geb. am 21. 11. 23 in Hüttenheim, s. Zt. in Vollstreckung eines rechtskräftigen Urteils erschossen“; der Verurteilte wäre der tätlichen Bedrohung Vorgesetzter schuldig befunden und dementsprechend verurteilt worden. Vater Süß erstattete keine Anzeige. Denn: „Dadurch bekommen wir den Jungen auch nicht wieder.“
Dass man Soldaten nicht zum Tode verurteilen darf, hab ich nicht gewusst.
Im darauf folgenden Prozess sagte der frühere Leiter der Rechtsabteilung im Oberkommando der Kriegsmarine als Zeuge aus, dass er erst viel später erfahren habe, dass die Vollstreckung von Todesurteilen durch die britische Besatzungsmacht gebilligt werden müsse. Der damalige Marinerichter Theodor Constabel sagte 1965 zum SPIEGEL: „Diese Verfügung konnten wir gar nicht berücksichtigen, denn wir kannten sie nicht.“ Das Todesurteil wurde ohne Genehmigung der Britischen Basatzungsmacht exekutiert, er wurde auf dem Marineschießstand - formlos verscharrt.
Die Öffentlichkeit erfuhr erst 20 Jahre später von der Exekution auf dem Marine-Schießstand Flensburg- Mürwik. Das Kieler Justizministerium bestätigte Ende Juni 1965 „auf Anfrage“, dass wegen dieser Exekution ein Ermittlungsverfahren gegen den Konteradmiral a.D. Bernhard Rogge, 65, eingeleitet worden sei.
Erst bei einer Routine- Kontrolle der Akten in der Berliner Wehrmacht- Abwicklungsstelle im Dezember 1964 fiel das Hinrichtungsdatum auf. Die Akte Süß wurde an die Zentralstelle zur Verfolgung von NS -Verbrechen in Ludwigsburg, von dort an die zuständige Staatsanwaltschaft in Flensburg überstellt.
Abbildung 2: Grabstein für Erkko Lampen und Regnar Brask auf dem Friedhof in Meldorf
Während den deutschen Deserteuren des Zweiten Weltkrieges eine ideelle und materielle Entschädigung bis heute verweigert wird, setzten die NS- Militärrichter nach 1945 vielfach ungehindert ihre Karrieren fort. Erst seit letztem Jahr - 2009 - sind die 3.- Reich- Deserteure offiziell rehabilitiert. Für Admiral Rogge begann nach Kapitulation und Kriegsgericht in der Bundeswehr eine neue Laufbahn. Berufssoldat Rogge legt e1957 seinen vierten Diensteid ab u. wurde Bundesmarine- Konteradmiral, 1958-62 NATO- Kommandeur Schleswig-Holstein u. erhielt das Bundesverdienstkreuz. Bei seiner Pensionierung war er Befehlshaber im Wehrbereich I, danach wurde Rogge 1962 Berater für zivile Verteidigung bei den Landesregierungen in Hamburg und Kiel. Sein Vertrag mit Kiel lief am 31. März aus und wurde nicht mehr erneuert; sein Vertrag mit Hamburg endet am 31. August.
Für die Pflege der Grabstätte des Johann Christian Süß kommt derweil der Bund auf. Er zahlt jährlich zehn Mark.
Für die „Stiftung gegen Extremismus und Gewalt in Heide und Umgebung“ war dieser Fall bei der Eröffnung der Ausstellung „Justiz im Nationalsozialismus“ am 1. März 2010 im Amtsgericht Meldorf noch kein Thema, dabei ist im Stiftungsrat ein Soldat vertreten.
1Zusammengestellt aus Gerhard Paul- Die Erschießungen in der Geltinger Bucht in Demokratische Geschichte Band 09 des Beirat für Geschichte in Schleswig- Holstein; Kriegsmarine Units www.axishistory.com im Internet mit Google- Übersetzungsversuch; Der Spiegel Nr. 28 vom 07.07.1965, BORDGERICHT, S. Zt. Erschossen; Jubiläumsheft Meldorfer Segelvereins
2* Paragraph 5,2 KSSVO: „Wegen Zersetzung der Wehrkraft wird mit dem Tode bestraft, wer es unternimmt, einen Soldaten oder Wehrpflichtigen des Beurlaubtenstandes zum Ungehorsam, zur Widersetzung oder zur Tätlichkeit gegen einen Vorgesetzten oder zur Fahnenflucht oder unerlaubten Entfernung zu verleiten oder sonst die Manneszucht in der deutschen oder verbündeten Wehrmacht zu untergraben.“