Gründungs- und Aufbauphase der NSDAP 1925 - 28 in Schleswig- Holstein.

Abbildung 2: Grabstein für Bodeslaw Blackucinsky und Stanislaus Janworski auf dem Friedhof in Meldorf (Foto: Jochen Sievers)

Ihr Parteivorsitzender war seit 1921 der spätere Reichskanzler Adolf Hitler. Der Oberpräsident des Provinziallandtages in Kiel Heinrich Kürbis veranlasste im April 1922 Berichte über eventuelle Aktivitäten dieser Partei.

Ihr Landeschef, Hinrich Lohse, war 1922 Angestellter der Darmstädter- und Nationalbank in Hamburg, ab 1925 Gauleiter der NSDAP und dabei radikaler Antisemit. Ein Brief an seinen Dithmarscher Freund Hans Beeck: „Je größer die Not im Volk, je größer die Möglichkeit, dass der eigentliche Vampyr, der tausendfach verfluchte Jude erkannt und zur Strecke gebracht wird.“

Jedes Projekt beginnt in seinem Teststadium mit einem Experiment. Der „Hitlerputsch“ scheiterte und die Partei wurde am 23. November 1923 zusammen mit der Deutschvölkischen Freiheitspartei verboten. Im Norden bestanden Tarnorganisationen weiter, wie z.B. der „Uwe- Jens- Lornsen- Volksbund“. Eine Straße dieses Namens existiert noch heute in Heide.

Wie 1924 die Zeitungen auf den Putsch reagierten: Itzehoer Nachrichten vom 11.11.1923: „Es ist bedauerlich, dass ein Mann wie Ludendorff1, der ein militärischer Organisator und Stratege großen Stils ist, nicht vorher erkannt hat, auf wie geringe Machtmittel er sich stützen kann. Ebenso ist bedauerlich, dass Hitler, ein fortreißender, glänzender Redner, meinte, mit einigen 100 Mann schlecht bewaffneter jugendlicher Sturmtruppen Bayern und das ganze deutsche Reich bezwingen zu können.“ In den Flensburger Nachrichten vom 14.11.1923 hieß es: „Auch bei uns lebt die Sehnsucht nach dem Führer. Diese Sehnsucht wird, das ist unser fester Glaube, Erfüllung finden, wenn die entscheidende Stunde schlägt. Wer sich zum Führergedanken bekennt, muss gehorchen können.“, und 4 Monate später:„Gewiss ist vielen Deutschen ein Druck im Herzen genommen, als man die Kunde vom Freispruch Ludendorffs vernahm.“ Die Kieler Neuesten Nachrichten schrieben am 2.4.1924: „(Es hat) im Deutschen Volksinteresse gestanden, .... den ganzen Prozess niederzuschlagen.“

Die Presse hatte in der Weimarer Republik nicht die Bedeutung, die heute „BILD“ hat, also als Meinungsmacher. Die übliche Meinung über Zeitung war, dass man darin den Fisch einwickeln kann. Trotzdem lasen viele Zeitung. Radio gab es noch nicht. Die Zeitungen waren nach Ansicht Markus Oddeys2 von Flensburg bis Altona regierungsfeindlich, national und konservativ eingestellt. Man war einverstanden mit dem Putsch und kritisierte nur die Art und Weise, die zur Niederlage führte. Eine Kritik am Aufkommen des Nationalsozialismus fand in den „Medien“ nicht statt. Die Redakteure und Verlage sahen die Informationen noch als schicken Rahmen um Werbungsanzeigen. Somit stand in der Zeitung die Meinung, die ihre Anzeigenkunden teilten. Für eigene Kommentare, wenn sie sich denn von dem unterschieden, was sie von ihre Presseagentur bezogen, hatten die Schreiberinnen schlicht keine Zeit. Und von den Geschäftsleuten sowie vielen Lesern wurde das Kommen eines neuen Führers erwartet. Darum wurde der Wechsel zum NS- Staat neun Jahre später in den Redaktionsstuben bruchlos.

Am Sonntag, dem 1. März 1925 beteiligten sich immerhin fünf Männer aus dem Kreis Steinburg an der Gaugründung, der Itzehoer Elektriker Eduard Börner, Reimer Theede aus Lockstedter Lager sowie Paul Schneider3, Dietrich Klagges und Hinrich Lohse.

1 Erich Ludendorf war Generalfeldmarschall Hindenburgs Stellvertreter im ersten Weltkrieg, nahm 1923 am Hitler- Ludendorffputsch teil, wurde aber freigesprochen.

2Dr. Markus Oddey: „Unter Druck gesetzt – Presse und Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein und Dithmarschen" - 24. Februar 2011

3Im Rahmen eines Spruchkammerverfahrens wurde Schneider 1946 zu zweieinhalb Jahren Internierung verurteilt, die er zuerst in Neumünster-Gadeland, dann in Eselheide bei Paderborn verbüßte. 1948 entlassen, arbeitete er anschließend wieder in seinem Unternehmen in Itzehoe und starb 1974.