Die Platte
Ich heiße Steincke und ich erzähl euch gleich
von einem bitter bösen Streich
von dieser Unterschriftenintrige,
wenn ich die zu fassen kriege.
Ich, der zweite Chef von Heide, bin wichtig
und was ich mache ist immer richtig.
Die Heider wählen mich seit Jahren dran,
weil ich alles viel besser kann.
Nun gibt's nur soviele Ideen auf Erden,
da kann einem glattweg schwindlig werden.
Die Arbeitsgruppen mit ihren Interressen
wollen doch nur den Stadtrat erpressen.
Die einen wollen Kultur statt Konsum,
der Soldatenbund will es andersrum,
die Dritten wollen nachts mehr Licht,
den Vierten gefällt das Licht nachts nicht.
Und statt, dass alles bleibt, wie's ist,
stellen die sich am Markttag unter den Himmel
und fordern mich auf: Erledige den Mist.
Die Stadt vertraut mir, dass ich sie abwimmel.
Da waren diese Gruppen, die hatten den Plan mal,
die Initiative für ein Mahnmal
an Widerstandkämpferinnen zu erinnern
auf dem Heider Marktplatz. Und den Spinnern
war noch wichtig ein markantes Symbol
an ein Hakenkreuz dachten die wohl;
und dann noch das Wort Nationalsozialisten
bei dem Wortungetüm kam der ganze Stdtrat sogleich ins Schwitzen;
auch sollte man das Mahnmal praktisch verwenden;
womöglich geeignet für Leute zum Pennen;
es sollte eine Diskussion in Gange setzen;
sicher um damit die Jugend aufzuhetzen;
und um den Marktfrieden endgültig zu begraben,
sollte es Bezug zu Heide haben.
Ich grübelte, bis ich den Einfall hatte;
ans Ehrenmal Österweide muss eine Platte,
den zivilen Opfern von Totalitarismus.
Das Lob der Stadt Heide ist mir so gewissus.
Mein Name ist Wöhlck, bin Bürgervorsteher;
ich stehe dem Mahnmalsvorschlag viel näher.
Als SPD- Opposition damals und heute;
waren und sind wir die verfolgten Leute;
auch wenn von uns nur Wenige geblieben.
glaub ich, das Mahnmal ist übertrieben.
Das wird nichts in Heide, glaube ich schon.
Da wittern die Bürgerinnen gleich Revolution.
Heide war, wenn Steincke mir die Platte lässt
keine Nazihochburg und kein Widerstandsnest.
So kümmer ich mich um die ganze Mulasche
und hab auch Steicke und die Linken in der Tasche.
Jedoch wie das Ehrenmal so friedlich dalag,
als wir dort standen am Volkstrauertag,
wurd mir auf einmal ganz blass um die Nase;
da lag ein Stern aus gelben Blumen im Grase.
In der Ecke waren gesprüht die Wörter
in roter Farbe: "Blumen für die Mörder"!
In meinem Kopf wurde es noch verdrehter
auferstanden Juden, Kommunisten, Landesverräter,
Schwule, Zigeuner, Ausländer warn da,
Deserteure, Behinderte, Antifa.
Da wurde ich in dem ganzen Gewühl
von einem niederschmetternden Gefühl
überwältigt. Steikcke hielt mich mit aller Kraft
und da vorn hing die Platte:
"Den zivilen Opfern von Totalitarismus und Galtherrschaft".
Ich bekam ihn zu fassen und flüsterte barsch,
um mich selbst zu beherrschen: ihr habt mich verarscht.
Als ob die Worte gegen mich prallten,
die hatten mich für ein Narren gehalten.
Da standen wir nun und um uns rum
das ganze verehrte Publikum:
Alte Krieger, Witwen, Hinterbliebene,
Soldaten der Wehrmacht und Vertriebene.
Die standen seit 14 stramm vor dem Kriegern,
die nie nach Hause kamn, U- Bootlern, Fliegern.
Landser, Freiwillige, Offiziere,
einfache Rekruten, Kannoniere,
die für das Reich in Ostpreußen fielen,
die ehren doch niemals die Zivilen.
Ich spürte, wie sie auf die Platte schielen,
und wie sie lasen: "Nur den Zivilen."
Die Flüchtlinge aus Polen, Reservisten,
Großdeutschlandfans und Monarchisten
Reichsbürger, Prepper, Identitäre,
standen dort vor meinem Denkmal der Ehre
raunend: "Erst mussten wir vor Polen und Russen fliehn;
nun sollen wir vor ihnen niederknien?
Eine große Entehrung ist dieser Dreck;
diese Platte hier, die muss wieder weg.
Atemringend machte ich dem Reporter klar,
dass ich von Anfang an dagegen war.
Es waren diese Arbeitskreisinitiativen,
die Sturm in unseren Sitzungen liefen.
Gehilfen des Linksterrors, PDS gesteuert,
Autonome, von MLPD befeuert,
anarchistische Sekten, ein beschwatzter Christ,
wollen uns sagen was gut für Heide ist.
Da weiß nur einer, das will ich verraten,
die Heider Sozialdemokraten.
Die sollen das Alte nicht wieder auskramen.
Jetzt kommen sie noch an mit Namen.
Hendrik Boef in Schuhmacherort,
Zwangsarbeiter beim Bäcker Boldt dort,
Georg Strache, Kommunist,
Monika, 3jähriges Euthanasie- Opfer, vermisst,
Gustav und Elisabeth Bruhn,
lasst doch mal die Alte Zeit ruhn.
Sybilla Mosig, geborene Salomon,
man fand sie zuletzt in Düsseldorf wohnen,
erblickte 1868 in Heide das Licht,
mag alles wahr sein, doch ich sehe nicht,
dass die geehrt werden, müssen wir abschalten
und Erwin Rehn im Auge behalten.
Denn dieser alte Schipper und Heider Sohn
ist jetzt deren Kampfkompagnion.
Alles soll bleiben, basta, wie es ist.
Die Platte bringt Chaos, wie ihr wisst.
Und seit dieser Zeit ist das Thema zerronnen.
Heides Rechte haben in allen Punkten gewonnen.